Freitag, 2. Oktober 2009

20. Tag: Les Lecherette - Montreux





Obwohl ich den Wecker auf sieben stelle, bin ich erst um viertel vor neun beim Frühstück. Muss wohl nochmal eingeschlafen sein. Bald drauf geht’s aber los.

Der Himmel ist wolkenverhangen, kein blauer Fleck ist zu sehen, außerdem hat es merklich abgekühlt. Die Via Alpina des Schweizer Tourismusverbandes baut auf der letzen Etappe gegenüber der Alpenpassroute noch zwei zusätzliche Anstiege von jeweils ca. 400hm ein. Der Weg führt meist auf geteerten Wegen zum Col de Sonlomont (1503m) und weiter zur Alpe Linderrey (1669m).

Wanderer sind hier nicht mehr anzutreffen. Dafür ist die herbstliche Stimmung ganz nett.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals ist bereits der Col de Chaude zu sehen, doch zuerst geht’s nochmal steil bergab. Hier sind zum ersten Mal die Markierungen äußerst bescheiden, eine Orientierung ist nur noch mit der Karte möglich.

Bald erreiche ich La Vuichoude (1103m). Dann steht der letzte der 18 Alpenpässe vor mir, bereit, bestiegen zu werden.

Der Weg hinauf auf den Col de Chaude (1621m) ist wunderbar herbstlich, inzwischen scheint auch wieder die Sonne. Herrlich. Am Pass führen dich die Planer der Via Alpina dann noch hinauf auf den 2000er Rocher de Nave, ich erspar mir diese Schikane.

Ich staune aber nicht schlecht, dass für den direkten Weg nach Montreux noch immer 3h40min angeschrieben sind. Und es sollte noch länger dauern... Aber: Hier oben eröffnest sich der erste Blick auf den Genfer See. Eine geteerte Straße führt vom Pass hinunter. Ein wiederum nur spärlich beschilderter Wegabschneider endet für mich bald vor einem abgezäunten Tobel, so dass ich mich den Hang wieder hinauf zur Straße kämpfe.

Ich laufe also kilometerlang die Teerstraße hinab. Gar nicht so schlecht, denn so ich muss mich nicht aufs Laufen konzentrieren. Irgendwann trennt sich mein Weg von der Straße und führt Richtung Sonchaux. Es geht stellenweise sogar wieder ziemlich steil bergauf. Das brauchst du natürlich unbedingt, wenn das Ziel auf 375m liegt ;-).

In Sonchaux lädt ein schön gelegenes Gasthaus zur Rast ein. Im Wissen, es bald geschafft zu haben, laufe ich durch herbstliche Wälder dem Ziel entgegen.

Bald ist Glion erreicht, ein Vorort von Montreux. Eigentlich will ich noch gar nicht ankommen, obwohl ich doch schon ziemlich geschafft bin.

Da bin ich zunächst dankbar, dass ich von den Wegplanern noch den Umweg über die Gorge de Chauderon geleitet werde. Doch – dank der wieder mal miserablen Beschilderung – schaffe ich es sogar in der Schlucht, mich zu verlaufen und mache 80 Extrahöhenmeter. Hier hilft nur mehr umkehren. Dann in der Schlucht hinaus Richtung Ufer. Die Schlucht selbst ist nichts besonders, im Vergleich zur Rappenlochschlucht fast schon lächerlich.

Endlich erreiche ich die ersten Häuser von Montreux. Durch enge Gassen geht’s hinunter zum Genfer Seen und dann –

GESCHAFFT!


Ich hab’s tatsächlich gepackt. Ich freu mich wie ein kleines Kind, muss lachen und weinen zugleich, vergesse, dass die Füße brennen und die Knie zwicken.

Ich bade meine Bergschuhe im Genfer See. Das hat schon beinahe was von einer Taufe. Nach ein paar Fotos schlendere ich noch am Ufer entlang, bevor ich mein Hotel aufsuche.
Die Gehzeit beträgt heute fast 10 Stunden.

Und zur Not tut’s auch ein Heineken, um auf den Erfolg anzustoßen.

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