Freitag, 31. Juli 2009

4. Tag: Linthal - Klausenpasshöhe

Der vierte Tag, der dritte Pass. Nach dem Frühstück gehe ich noch einkaufen, da morgen (1. August ist in der Schweiz Nationalfeiertag) und sonntags die Läden wohl geschlossen sein werden. Für Julia gibt’s noch eine Packung „Gottlieber Hippen“, die ich sogleich per Post nach Sulz schicke. Die Dame am Schalter ist sehr nett und übrigens die erste, die mir die Telefonnummer der Hotels auf der Klausenpasshöhe sagen kann. Sogleich reserviere ich für den Abend ein Zimmer.
Mit der Schrägseilbahn geht’s dann hinauf nach Braunwald, ein kleines Dorf ganz ohne Autos. Nur ein paar Aebi kurven herum. Von dort geht’s ohne größere Höhenunterschiede Richtung Urnerboden und anschließend hinunter ins Tal, wo die Grenze zum Kanton Uri überschritten wird.
Entlang des Fötschbachs ziiiiiiieht sich der Weg, bis es endlich den Klausenpass hinaufgeht.
Der Weg läuft teils auf der ursprünglichen Passstraße und kreuzt immer wieder die Asphaltstraße, wo Motorradfahrer ihrem Hobby frönen. Bereits den ganzen Tag zeigen sich die Berge wolkenverhangen und lassen mich leider nicht an ihrer Schönheit teilhaben.
Die letzten beiden Stunden geht’s somit wieder in immer dichter werdendem Nebel dahin. Ich kann mir das Bild zu den Geräuschen, die ich höre, nur vorstellen: Glockenleuten, das Rauschen eines Baches und das Brummer der zahlreichen Motorräder und Autos.
Am Pass gibt’s ein schnelles Foto, dann laufe ich der Straße entlang Richtung Hotel.
Bei jedem Motorengeräusch springe ich zur Seite, da ich nicht sicher bin, ob mich die Fahrer rechtzeitig erkennen. Am Ziel betrete ich sogar ein Nebengebäude in der Annahme, dass das das eigentliche Hotel sei, da dieses noch im Nebel verborgen liegt.
Endlich im richtigen Hotel angelangt, beziehe ich sogleich mein Zimmer im 3. Stock – wow – echt urig eingerichtet, daneben die Etagendusche topmodern. An dieser Stelle sei nach 4 Tage Handwäsche einmal der Erfinder der Waschmaschine gepriesen. Am Abend gibt’s dann noch ein feines Schweinesteak mit Käse überbacken (heißt hier „Schächentaler Art“) und ein prima Gemüsesüppchen.
War heute den ganzen Tag alleine unterwegs. Die Beine machen noch gut mit, keine Blasen. An den Rucksack habe ich mich schon gut gewöhnt, lediglich das Anlegen desselben kostet noch Kraft. Untertags wechsle ich laufend zwischen zwei Garnituren Unterleibchen und T-Shirt. Eine Garnitur am Körper, die andere hängt derweil am Rucksack zum Trocknen. Somit habe ich am Ziel die dritte, frische Garnitur nach der Dusche und der Rest wird frisch gewaschen.

Donnerstag, 30. Juli 2009

3. Tag: Elm - Linthal


Der dritte Tag startet mit einem Frühstück in Frau Zentners Stube. Übrigens scheint das ganze Dorf hier Zentner zu heißen. Sie bringt die beiden Balgacher noch ein Stück ins Tal und ich spaziere Richtung Dorfzentrum, wo ich nochmals das berühmte Martinsloch bestaune.
Heute ist der Himmel erstmals wolkenverhangen. Der Linienbus bringt uns (John ist inzwischen zugestiegen) auf die Alpe Obererbs und nimmt uns somit die ersten 700hm Aufstieg ab. Ein gemütlicher Weg führt uns zum Erbser Stock und dann wieder hinunter zur Rinderalpe Wichlenmatt. Dort bekommen wir einen Kaffee-Pflümli.
Das ganze Gebiet hier ist im Besitz der Schweizer Armee, so auch diese Alpe, die Platz für 20 Leute bietet und sonst auch jeglichen Komfort. Zwei Soldaten schieben hier Dienst und warnen Wanderer, die Richtung Panzer-Schießanlage unterwegs sind. Da diese Woche nicht geschossen wird, haben die beiden keinen allzu strengen Job.
Weiter geht’s auf den 200m höher gelegenen Richtelipass (2.261m). Die Sicht ist miserabel, die Wolken hängen tief. Ich zieh mich warm an und stecke meine Füße in ein zweites Paar Socken, denn nun geht’s 1.600hm abwärts. Der Weg hinunter ist verdammt steil und die Sicht schlecht. Zum Teil beträgt die Sichtweite nur mehr 10m.
Aus dem Nebel heraus dringt feiner Nieselregen, welcher den Weg rutschig macht. Ebenso verschönert er aber auch zahlreiche Spinnennetze, die in den Bergwiesen gebaut wurden. John gefällt das gar nicht, er geht die Sache sehr vorsichtig an, ich warte immer wieder auf ihn. Vor einer kurzen Passage, die mit Ketten gesichert ist, hat er mächtigen Respekt.
Nach ca. 2 Stunden erreichen wir endlich eine Forststraße und auch die untere Grenze der Wolken, somit ist die Sicht wieder etwas besser. Wir laufen weitere 2 Stunden der Dürnagel entlang und erreichen genau um 5 Uhr Linthal. Im ersten Hotel ist leider nur mehr ein Doppelzimmer frei – und naja – so gut kenne ich den John nun auch wieder nicht. Er beschließt, weiter zu ziehen, ich bleibe. Da er die morgige Etappe abkürzen und überspringen wird, verabschieden wir uns und versprechen, die Fotos per Mail auszutauschen. Außerdem lädt er mich zu sich nach Lausanne ein.
Nachher funktioniere ich kurzerhand die Dusche in eine Waschmaschine und den Föhn in einen Trockner um. Anschließend gibt’s noch einen Teller (lausige) Spaghetti. Ich spaziere noch zur Braunwaldbahn, da ich hoffe, irgendwo die Telefonnummer vom Hotel auf der Klausenpasshöhe aufzutreiben – doch leider vergebens. Gestern fühlte ich mich noch richtig ohnmächtig bei dem Gedanken an die lange Strecke, heute dachte ich zum ersten Mal, dass ich das schaffen könnte.

Mittwoch, 29. Juli 2009

2. Tag: Weisstannen - Elm

Um 10 nach 6 erwache ich, nachdem ich auf dem viel zu weichen Bett im rosaroten Zimmer eh nur schlecht geschlafen habe. Das Rauschen der Seez hat mich während der ganzen Nacht begleitet und wird es auch heute noch lange tun, da der Weg lange Zeit an dieser entlang führt.Beim Frühstück lerne ich John kennen, US-Amerikaner, lebt aber in Lausanne. Es macht denselben Trek wie ich, jedoch nur bis Meiringen.
Um 20 nach 8 laufe ich gemütlich los, nach ca. 1 Stunde sehe ich John bei der Alpe Vorsiez sitzen, wo er gemütlich einen Tee trinkt.
Ich geselle mich zu ihm und trinke eine Milch. Unsere Wege trennen sich, er nimmt die Straße, ich den Wanderweg, doch wir kommen beinahe gemeinsam oben an.
John fühlt sich in steilem Gelände nicht sehr wohl, und so gehen wir den Weg bis zur Fooalpe gemeinsam durch steiles Schiefergelände. Die Seez stürzt immer noch tosend ins Tal. Der Weg ist steil und anstrengend, doch wir schaffen es bis zur Alpe, wo wir eine kurze Rast einlegen.
Dann verabschiede ich mich von John und wandere alleine die letzten 350hm auf den 2.223m hohen Foopass. Oben angekommen werde ich mit einem tollen Blick auf die Glarner Berge belohnt. Dann geht’s steil bergab zur Alpe Traminer Matt, die leider nicht bewirtet ist. Langsam regt sich der Hunger.
Der Weg nach Elm ist zwar angenehm zu laufen (alte Forststraße), doch er zieht sich sehr in die Länge. Meine Gedanken werden zunehmend von der Vorstellung eines großen Tellers Spaghetti dominiert.
Endlich in Elm angekommen (die bekannte Kirche schlägt gerade 4 Uhr), gehe ich gleich in einen Supermarkt, um etwas Proviant für morgen zu kaufen. An der Kassa treffe ich Daniel und Awird (?). Sie sind dieselbe Route gelaufen und haben auf Vorsiez übernachtet. Da die beiden ein Zimmer reserviert haben, geselle ich mich zu ihnen und kriege auch noch ein Zimmer im urigen Haus von Frau Zentner. Nach der Dusche gehen wir noch zusammen essen und der Traum von einem großen Teller Spaghetti wird Wirklichkeit.
Auf dem Weg zurück sehe ich John in einem Gastgarten beim Essen sitzen. Er ist 2.5 Stunden nach mir in Elm angekommen. Ich habe zuvor schon den Fahrplan für den Bus nach Obererbs gecheckt und so beschließen wir, die morgige Etappe etwas zu verkürzen.
Wieder zurück bei Frau Zentner stelle ich mich Überraschung fest, dass sie meine Kleider bereits aus der Waschmaschine genommen und zum Trocknen aufgehängt hat. Sie ist ein Goldschatz.

Dienstag, 28. Juli 2009

1. Tag: Sargans - Weisstannen

Es hat die ganze Nacht geregnet, erst gegen 8 Uhr hört es auf. Ich packe meinen Rucksack, hau mich noch unter die Dusche und schlüpfe in die Wanderklamotten.
Um halb 11 gehe ich zur Wohnungstür raus, versperre alles und laufe Richtung Busbahnhof. Ich habe noch etwas Zeit und gehe zur Post, wo mir eine nette Dame den Rucksack abwiegt. 10.24kg, so das stolze Resultat, 1.5l Wasser inklusive. Mit Bus und Bahn geht es über Lustenau und Heerbrugg nach Sargans, um viertel nach 12 laufe ich also los. Der längste Weg beginnt mit einem einzelnen Schritt.
Der Weg führt dem Bahngleis entlang ins Nachbardorf Mels. Hier steigt der Weg erstmals an. Durch dunkelrot-violettes Schiefer geht es schattig auf der rechten Talseite ins Seeztal hinein. Die Sonne scheint inzwischen vom Himmel, die Pfade sind jedoch immer noch feucht von den Regenschauern der letzten Nacht. An einer harmlosen Stelle rutsche ich aus und finde mich sogleich zwei Meter tiefer in der Böschung. Dabei verdrehe ich mir das rechte Knie leicht, was mir den darauffolgenden Anstieg etwas erschwert. Doch bald schon lassen die Schmerzen zum Glück nach. In Schwendi gönne ich mir ein Rivella und habe zum ersten Mal die Gelegenheit, meine Zeit mir jener des Führers zu vergleichen. Mich beruhigt, dass ich ca. eine halbe Stunde früher da bin, als angegeben.
So nehme ich die letzte Stunde nach Weisstannen ganz gemütlich in Angriff. Am Ziel habe ich dann Glück mit dem Zimmer. Trotz Ruhetag krieg ich im einzigen Hotel im Ort noch ein Zimmer mit Etagendusche. Ein Wander-Ehepärchen aus der Gegend um Zürich ist auch da. Nach dem Essen falle ich müde ins Bett.

Montag, 27. Juli 2009

Packliste

Trinksystem (Platypus 2l)
Gut eingelaufene, leichte Bergschuhe
3 Garnituren Unterwäsche
1 lange Unterhose
3 Paar Wandersocken
1 Paar dünne Ausgehsocken
Crocs
3 kurzärmlige T-Shirts
1 langärmliges T-Shirt
1 kurze Wanderhose
2 lange, abzippbare Wanderhosen
Mütze, Handschuhe
Regenschutz (Wanderponcho)
Schildmütze, Stirnband
Reiseführer (Alpenpassroute, Outdoor-Verlag)
Wanderkarten (1:50.000, www.wanderland.ch)
Unterkunftsverzeichnis
Hüttenschlafsack
Tagebuch, Stift
Buch zum Lesen
Hygienebeutel
Handtuch
Erste Hilfe Set, Blasenpflaster
Medikamenten Set
Sonnenschutz, Sonnenbrille
Feuerzeug, Messer
Ipod, Handy, Fotoapparat (inkl. 2.-Akku)
Geld, Ausweis
Not-Verpflegung (Powerbar)

Organisation


Unterkünfte:
Die Etappenorte sind meist kleine Ortschaften mit guter touristischer Infrastruktur. Ein Zimmer zu finden, war für mich (speziell als Alleinreisender) nie ein Problem. Aufgrund der nicht vorhersehbaren Wetterlage und auch körperlichen Verfassungen macht es in meinen Augen keinen Sinn, langfristige Reservierungen vorzunehmen. Ich habe, wenn überhaupt, nur einen Tag im Voraus reserviert.
Probleme gibt's eigentlich nur in den wirklichen Touristenorten rund um die Grosse und Kleine Scheidegg. Hier kann es schon mal zu einem Engpass kommen.
Ich empfehle, die Etappen so zu legen, dass in Berghäusern übernachtet werden kann. Zum Einen ist hier die Atmosphäre angenehmer, zum Anderen die Kosten geringer. Hier ist meistens ein Hüttenschlafsack notwendig.


Wegbeschaffenheit:
Es handelt sich größtenteils um normale Wanderwege. Natürlich kommt es auch vor, dass mal eine Straße benutzt wird. Kletterstellen kommen keine vor, einige wenige ausgesetzte Passagen stellen sind für den geübten Wanderer kein Probelm dar. Alle Wege sind in einem guten Zustand.
Für die Via Alpina sollte man gutes, festes Schuhwerk verwenden.


Markierungen:
Die Wegmarkierungen in der Schweiz sind grundsätzlich hervorragend und vorbildlich. Die angegebenen Wegzeiten sind realistisch. Für die Via Alpina sind durchgehend zusätzliche Beschilderungen angebracht, was die Navigation zu einem Kinderspiel macht.
 

Wanderkarten:
Ich habe mir alle Wanderkarten bei wanderland.ch im Maßstab 1:50.000 heruntergeladen. Dort gibt's detailreiche Karten, die die Route bereits eingezeichnet haben. Die PDF-Downloads im Format A4 habe ich dann auf A3 ausgedruckt, was im Endeffekt einen guten Maßstab ergeben hat. Alle Details waren gut zu erkennen.
Ein Riesenvorteil der selbstgedruckten Karten ist das handliche Format. Zusammengelegt sind sie leicht im Hosensack unterzubringen und somit immer griffbereit. Ein weiterer Vorteil ist,  dass man sie nach Absolvieren der entsprechenden Tour einfach wegwerfen kann. Es ist auch egal, wenn sie mal naß werden.


Fahrkarten:
In beinahe der gesamten Schweiz kann man mit einem sogenannten Halbtax öffentliche Verkehrsmittel (Busse, Bahnen, Seilbahnen, Schiffe) um den halben Fahrpreis benutzen. Interessante Möglichkeiten für Nicht-Schweizer bietet dabei das Swiss Travel System. Es gibt Tickets, die die An- und Abreise innerhalb der Schweizer Grenzen und ein Halbtax für einen Monat beinhalten. Hätte ich das vor meiner Tour gewusst - ich hätte ich mir einiges an Geld gespart.

Warum?

Ja. Warum macht man so etwas?

Ich wollte schon lange Zeit eine größere Wanderung machen. Einfach mal raus aus dem Alltag, den Kopf wieder freikriegen.

Dabei war meine erste Idee der Jakobsweg. Klar, den kennt heute schon fast jedes Kind. Aber die Gedanken an die vielen, vielen Pilger, der tägliche Kampf um eine Herberge und das ewige Dahinlaufen in der heißen Ebene haben mich bald wieder davon abgebracht.

Bei einer Wanderung in Liechtenstein (Augstenberg) habe ich dann zufällig einmal einen Wegweiser der Via Alpina entdeckt. Und so ist die Idee zu dieser Tour entstanden. Ich habe mir zwei Führer angeschafft und ein bisschen im Internet recherchiert.

Da ich gerne in den Bergen bin und Wandern zu meinen liebsten Hobbies zählt, habe ich bald darauf den Entschluß gefasst, es zu wagen.